Welche Merkmale sollte ein Stativ mitbringen und worin unterscheiden sich teure Profi-Stative von günstigen Einsteiger-Stativen?
Meine Liste mit empfehlenswerten Stativen findest du hier.
Bereits beim Einstieg ins Hobby „Fotografie“ kommt sie schnell auf – die Frage, welches Stativ denn nun gekauft werden soll. Denn die Auswahl ist riesig, die Preisspanne ebenfalls – daher dient dieser Beitrag dazu, dir die wichtigsten Fragen zu nennen, die dich bei der Wahl deines neuen Stativs unterstützen werden. Welche Funktion ein Stativ hat, sollte klar sein. Aber was können / machen die teuren Modelle „besser“ oder was bringen sie anderes mit, um den hohen Preis zu rechtfertigen?
Aluminium oder Carbon?
In der Regel stehen uns diese beiden Materialien zur Auswahl. Oftmals gibt es ein Stativ-Modell sowohl in der Alu- als auch in der Carbon-Variante und der Preis ist oftmals ziemlich unterschiedlich. Das liegt daran, dass das Carbon natürlich ein hochwertigeres Material ist, was unserem Stativ dafür aber auch einige Vorteile verschafft. Zum einen wird es stabiler, da Carbon wenige empfänglich für Schwingungen und sehr steif ist. Zum anderen ist Carbon etwas leichter, sodass wir nicht so schwer schleppen müssen. Das ist bei längeren Touren ein wichtiger Faktor. Meine Empfehlung lautet daher: Carbon – wenn es der Geldbeutel zulässt.
Gewicht und Größe?
Bei langen Touren ein Problem: Ein hohes Eigengewicht. Das Stativ ist nur ein Hilfsmittel, für die Fotos brauchst du auch eine Kamera und mindestens ein Objektiv. Am Ende liegen davon drei im Rucksack, dann noch diverse Filter, Akkus und der Proviant plus Pullover. Schnell wird die Tasche ziemlich schwer und dann gilt es, jedes Gramm zu vermeiden. Die meisten Stative bringen nochmal 1-3 Kilo auf die Waage, wer also häufig Rückenprobleme hat oder eben oft lange Touren geht, sollte ein niedriges Gewicht bevorzugen. Achtet auch darauf, dass einige Hersteller nur das Gewicht des Stativs, also ohne Kugelkopf, bewerben – gerade der ist allerdings auch schwer. Bei sehr leichten Stativen muss man jedoch Abzüge bei der Stabilität in Kauf nehmen. Die Hersteller versuchen bspw. Gewicht zu sparen, indem sie den Durchmesser der Beinsegmente verringern. Unten haben wir dann fast dünne Stöckchen, der Schwerpunkt ist immer weiter oben und so braucht nur ein kleiner Windstoß zu kommen und das Stativ gerät samt Kamera ins Wanken. Achtet also immer auf den Beindurchmesser und bedenkt, dass ein gewisses Mindestgewicht nötig ist für Bedingungen, die nicht dem Ideal entsprechen. Abhilfe kann im Notfall eure Tasche schaffen, die ihr an einen Haken an der Mittelsäule (falls vorhanden) hängt, um so den Schwerpunkt nach unten zu verschieben.
Und die Größe? Das Packmaß ist dann relevant, wenn das Stativ nicht außen an die Tasche, sondern in den Rucksack soll – hier hilft dann nachmessen. Außerdem von Bedeutung: Handgepäck beim Fliegen – ich nutze oft meinen Kamerarucksack als Handgepäckstück, da darf das Stativ entsprechend nicht über die Vorgaben hinausragen. Ab 60cm wird es kritisch – am besten checkst du mal die Vorgaben der Airlines, mit denen du häufig unterwegs bist, bevor du dich für ein großes Stativ entscheidest.
Doch das Packmaß ist nicht die einzige relevante Größe. Wichtiger ist die sog. Arbeitshöhe, also die Höhe des ausgezogenen Stativs. Die wird vom Hersteller immer als max. Arbeitshöhe angegeben, die Mittelsäule NICHT herausgezogen – das wäre dann die max. Höhe. Es ist also wichtig, dass die Arbeitshöhe zu deiner Körpergröße passt, damit du keinen steifen Nacken bekommst und die Kamera noch gut bedienen kannst. Gleichzeitig betone ich es auch an dieser Stelle: Ziehe nur im Notfall die Mittelsäule aus, denn die Stabilität verringert sich signifikant. Entscheidend ist also die Arbeitshöhe!
Mittelsäule?
Wie schon gesagt, sollte die Mittelsäule nur im Notfall ausgezogen werden, weil sie den Schwerpunkt weiter nach oben verschiebt und das Stativ anfälliger wird für Wind und Stöße. In einigen Fällen kommt man aber nicht drum herum, sodass die Höhe und Verarbeitungsqualität der Mittelsäule auch wichtig ist. Zudem dient eine umgekehrte Mittelsäule dazu, die Kamera kopfüber extrem bodennah einsetzen zu können, was bspw. bei Makros notwendig ist. Einige Stative bringen gleich zwei austauschbare Mittelsäulen mit, das hat den Grund, dass eine lange Mittelsäule für bodennahe Aufnahmen, die nicht mit der umgedrehten Kamera entstehen sollen / können, die minimale Arbeitshöhe vorgibt, weil sie quasi irgendwann an den Boden anstößt. Für solche Fälle ist eine kurze Mittelsäule praktisch, sodass lediglich die Beinwinkel die minimale Höhe bestimmen (in der Regel kommt man dann wirklich sehr weit runter) und nichts im Weg ist. Kurze Mittelsäule also wirklich hilfreich, einige Stative kommen sogar ganz ohne Mittelsäule aus, wobei wir da dann natürlich nicht bei Bedarf nach oben gehen können, etwa weil ein hohes Geländer vor uns steht.
Kugelkopf?
Schon häufig mit dabei und keinesfalls zu unterschätzen. Ohne Kugelkopf geht nichts, einige sind sehr stabil, andere haben eine Panorama-Funktion bzw. lassen sich abklappen, um Hochkant-Aufnahmen ohne L-Winkel zu machen. Teurere Exemplare zeichnen sich vor allem durch eine hohe maximale Kapazität aus oder haben Eigenschaften wie Friktionskontrolle. Außerdem unterscheiden sich die Kugelköpfe durch ihre Bedienung, denn manche haben etwa einen zusätzlichen Griff, der für flüssige Schwenks in Videos hilfreich ist oder sind gar als Gimbal gestaltet, um schnell und dennoch flüssig bspw. Vögel zu verfolgen. Welchen Kugelkopf du brauchst, hängt natürlich davon ab, was du konkret machen möchtest. Entscheide dich aber bitte nicht nur aufgrund des Kugelkopfes für ein bestimmtes Stativ. Man kann sie sehr leicht austauschen und so bspw. den Lieblings-Kugelkopf auch an einem anderen Stativ montieren.
Arretierung der Beinsegmente?
Hier ist meistens die Variante zum Drehen erhältlich, einige Hersteller bieten aber auch sogenannte Flip-Locks an, also kleine Hebel, die das Beinsegment in der gewünschten Position fixieren. Welches man bevorzugt ist egal, beide Varianten sind super – wichtig ist nur, dass die Verarbeitung stimmt, denn das sind die Sollbruchstellen eines Stativs. Teurere Stative haben hier auch nochmal extra Dichtungen, damit auf keinen Fall Staub oder Salzwasser ins Innere der Rohre kommt, denn dann wird dein Stativ schnell unbrauchbar. Generell solltest du immer darauf achten, dass besonders an den Arretierungsstellen alles sauber ist, denn sobald sich bspw. kleine Steichen im Flip-Lock-Hebel verhaken, stehst du schnell mal an deiner Location und bekommst den Hebel nicht mehr auf.
Füße / Spikes?
Das Stativ muss auf unterschiedlichem Untergrund perfekt stehen. Daher legen die meisten Hersteller Spikes bei, die sich natürlich besser im losen Boden verhaken als die Gummifüße. Es gibt Stative, bei denen durch Drehen der Gummifüße die Spikes ausgefahren werden, das gefällt mir persönlich gut, denn bei den anderen Varianten, wo entweder Spikes oder Gummifüße montiert sind, kann schnell mal etwas verloren gehen. Nachkaufen ist zwar in der Regel günstig, aber meistens verliert man so einen Gummifuß immer dann, wenn es grade nicht gut passt. Je nach Einsatzgebiet sind die Spikes auch kein Muss, aber meistens sind sie eh mit dabei – hier unterscheiden sich dann die Stative hinsichtlich der Qualität der Verarbeitung und des Materials.
Einbeinstativ?
Einige Stative lassen sich zum Einbeinstativ umfunktionieren, was dann wichtig ist, wenn du ohnehin Bedarf an einem Einbeinstativ hast. Meistens trifft das auf Naturfotografen zu, die eine sehr schwere Ausrüstung haben und das Stativ eher als Haltevorrichtung für die Super-Tele-Objetive nutzen, die nicht zur exakten Stabilisierung der Kamera dient. Kann man entweder einzeln kaufen oder man nutzt ein Dreibeinstativ, bei dem sich ein Bein abmontieren lässt und oben drauf dann den Kugelkopf setzen lässt. Ich persönlich brauche das nicht, aber wenn du ab und zu ein Einbeinstativ aber auch ein Dreibeinstativ brauchst, dann such dir doch eines, das sich umfunktionieren lässt.
Nice to have?
Immer wieder findet man Stative, die eine sog. Multifunktions-Mittelsäule haben – etwa bei Vanguard die MACC. Diese Multi-Angle-Center-Column kann man, wie der Name schon sagt, in verschiedenen Winkeln fixieren. Das ist vor allem dann praktisch, wenn man nicht nur die Kamera, sondern bspw. auch ein Licht oder ein Monitor oder sogar eine zweite Kamera auf dem Stativ befestigen möchte. Diese Multi-Mounts sind besonders bei umgelegten Mittelsäulen perfekt möglich.
Wasserwaagen entweder am Kugelkopf oder auf der Stativschulter sind ziemlich praktisch, wenn du dein Stativ perfekt ausrichten möchtest, um bspw. Panoramas zu machen.
Schaumstoff-Mantel an mindestens einem Bein retten dir im Winter deine Finger, wenn du das Stativ in den Händen trägst und sich das Metall ordentlich runtergekühlt hat. Natürlich schützen sie dein Stativ auch beim Transport, aber den Isoliereffekt finde ich mittlerweile unverzichtbar.
Acra-Swiss-Kompatibilität ist eigentlich bei fast allen Herstellern gegeben, trotzdem möchte ich es an dieser Stelle erwähnen. Deine Schnellwechselplatten haben meistens eine genormte Größe – der sog. Acra-Swiss-Standard – sodass du die Platte an der Kamera lassen kannst und etwa mehrere Stative nutzen kannst, ohne die Schnellwechselplatte wechseln zu müssen. Dies betrifft auch Objektive mit Stativschellen, gerade da lasse ich die Wechselplatt gerne dran. Falls dein Hersteller keine Acra-Swiss-Kompatibiltät bietet, musst du dich ggfs. auf teure Adapter-Lösungen einstellen oder eben alle Schnellwechselplatten am neuen Kugelkopf ausrichten.
Mit diesen Kriterien sollte die Auswahl bestimmt leichter sein - gerne kannst du auch mal in meinem Artikel vorbeischauen, in dem ich dir meine persönlichen Favoriten vorstelle.
Comments