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AutorenbildBenno

Mit dem Zug durch Osteuropa

Aktualisiert: 11. Nov. 2020

Ein Reisebericht zu unserer Interrail-Reise mit einigen Empfehlungen zu schönen Fotospots in Prag, Budapest und Co.


Im Sommer 2018 habe ich mit meiner Freundin Davina eine Interrail-Reise durch Süd-Ost-Europa gemacht. Sieben Länder in drei Wochen – sehr viele tolle Fotos! Mit dem Zug flexibel unterwegs sein, Zeit die vorbeifliegende Landschaft zu genießen, Menschen und Kulturen kennenzulernen und zahlreiche wertvolle Erfahrung machen – das bedeutet Interrail für mich. Wir haben uns entschieden, eine Art Städtetour zu machen, jedoch in Länder, die sonst nicht unbedingt für einen Urlaub in Frage kommen. So konnten wir uns einige Stationen und Unterkünfte in den Hauptstädten leisten, da Osteuropa günstiger als bspw. Skandinavien ist. Unsere Route sah konkret so aus:

Heidelberg – Prag (Tschechien) – Bratislava (Slowakei) – Wien (Österreich) – Budapest (Ungarn) – Belgrad (Serbien) – Zagreb (Kroatien) – Bled (Slowenien) – Innsbruck (Österreich) – Heidelberg

Im Vorfeld haben wir alle Fahrten geplant, Unterkünfte gebucht und (für uns) interessante Sehenswürdigkeiten recherchiert. Ich habe mir über Locationscout und Google Maps sehr viele mögliche Fotospots gespeichert, da ich von dieser Reise mehr als nur klassische Urlaubsbilder mitbringen wollte. Zum Thema Fotos ist auch zu erwähnen, dass eine lange Reise mit dem Zug und einem großen Rucksack einiges an Planung hinsichtlich des Gepäcks benötigt. Sowohl im Platz als auch im Gewicht ist man eingeschränkt und so musste ich mich für einige wenige Dinge entscheiden, die ich in meinen kleinen Foto-Rucksack packen wollte. Ich entschied mich, neben meiner damaligen Nikon D5500 auch einen Batteriegriff mitzunehmen, um tagsüber meine Akkus nicht wechseln zu müssen. Als Objektive dienten mir vor allem das Sigma 17-50mm f2.8 – das Arbeitstier, für die meisten Situationen wunderbar geeignet und dazu nicht sonderlich schwer (Bericht zu Objektiv hier). Für weitwinkligere Cityscape-Aufnahmen nutzte ich das Tokina 11-16mm f2.8 (Bericht zum Objektiv hier). Zusätzlich im Gepäck noch mehrere Speicherkarten, das Joby-Gorilla-Pod Mini-Stativ und ein CPL bzw. ND3.0 Schraubfilter von Haida sowie ein Fernauslöser für die Langzeitbelichtungen. Für mehr war kein Platz, mehr brauchte ich aber auch nicht.

Prag:

Anfang August sind wir in Heidelberg gestartet und über Frankfurt nach Prag gefahren. Prag war eine der teuersten Stationen, wir wohnten daher nicht ganz im Zentrum, sondern im Stadtteil Letna. Das war allerdings perfekt, da der dortige Letnapark einen wunderbaren Blick auf die Altstadt, die Moldau und die vielen Brücken bietet. Dort war auch immer etwas los, es fanden Feste statt und man konnte das ein oder andere Pivo (Bier) trinken.

Der Blick vom Letnapark. Besonders abends mit einem kühlen Pivo meine Empfehlung für deinen Pragbesuch.

Prag ist eine wundervolle Stadt, allerdings auch sehr touristisch. Viele Sehenswürdigkeiten kosten Geld und/oder sind total überlaufen, im heißen Sommer macht das keinen Spaß. Wir haben daher vor allem die Morgenstunden genutzt, hier was es angenehm kühl, das Licht war toll und man hatte Hotspots wie die Karlsbrücke fast für sich alleine. Ich empfehle euch auch einen Besuch der „Festung“, da man von dort einen tollen Blick hat und die dortigen Gebäude einfach zu einem Pragbesuch gehören.

Bereits kurz nach Sonnenaufgang war hier auf der Karlsbrücke einiges los, tagsüber ist es ein einziges Gedrängel und an schöne Fotos wie dieses ist nicht zu denken.

Ebenfalls solltet ihr euch die U-Bahn-Stationen genauer anschauen, einige kann man jedoch nur mit gültiger Fahrkarte betreten. Besonders zu Nicht-Stoßzeiten bieten sich hier tolle Foto-Motive. Auch das jüdische Viertel ist einen Besuch wert, das kann man gut mit einer Runde durch die Altstadt verbinden.

Für diese Perspektive in der Metro-Station "Namesti Republiky" oder "Mustek" lohnt sich eine Fahrkarte bzw. eine etwas weitere Anfahrt in die jeweiligen Viertel.

Bratislava:

Auf dem Weg nach Budapest wollten wir noch eine weitere Station einlegen, Bratislava hat sich hier angeboten und es war rückblickend eine der schönsten Stationen. Die Stadt ist kleiner und man merkt, dass man etwas weiter im Osten ist. So ist die Stadt auch durch die Donau geteilt, auf der einen Seite die Altstadt, die Burg und die „schöneren“ Stadtteile, auf der anderen Seite Petržalka mit großen Plattenbauten und Industrie- bzw. Shopping-Gebieten. Auch Petržalka hat seine Reize, leider waren wir aber die meiste Zeit auf der auf den ersten Blick schöneren Seite. Wie bereits angesprochen steht hier eine Burg, von wo man gerade nachts einen tollen Blick auf die Stadt hat. Sie selbst kann man von verschiedenen Punkten am Fluss auch toll ablichten.

Die Brücken eignen sich super, um die Burg im Abendlicht zu fotografieren.

Die Altstadt ist idyllisch und von den Bars sehr angenehm. Es gibt leckeres Bier und Essen, die Preise sind gut und die Menschen sehr nett und offen. Fotos sollte man unbedingt auch vom Ufo-Tower machen (oberhalb der Bar ist eine Aussichtsplattform, sodass man nur den Aufzug bezahlen muss), besonders am Abend im Übergang zur blauen Stunde ein Highlight, das ihr nicht verpassen solltet. Weitere Sehenswürdigkeiten wie die blaue Kirche kann man auch von außen gut ablichten, mir hat auch der Slavín-Park gut gefallen.

Die Altstadt besticht durch schöne Details und den Kontrast zwischen alten Häusern, modernen Galerien und auf den ersten Blick hässlichen Plattenbauten.

Hier muss man keine großen Worte verlieren - ein absolutes Muss, wenn du in Bratislava bist.

Wien:

Eigentlich ist es gelogen, wenn ich einen eigenen Punkt für Wien aufmache, da wir in Wien nicht übernachtet haben. Durch die unmittelbare zu Bratislava haben wir dort einen Tag weniger verbracht und sind mit dem Fernbus für ein paar Stunden nach Österreich gefahren. Dort haben wir uns auf Leihfahrräder gesetzt und die Stadt erkundet, die es eigentlich verdient, in mehr als ein paar Stunden besucht zu werden. Wir haben uns mit einer Bekannten getroffen und sie hat uns ihre Heimatstadt gezeigt, vom Prater über das Schloss Belvedere bis hin zum Hundertwasserhaus. Es war extrem heiß an diesem Tag, sodass wir nicht so viel geschafft haben, wie wir vor hatten – dennoch haben wir vieles mitgenommen, vor allem den Plan, noch einmal herzukommen.

Wien - eine stimmungsvolle und prächtige Stadt - hier das Schloss Belvedere.


Budapest:

Ein Highlight auf der Interrail-Reise war Budapest, die Hauptstadt Ungarns. Die Stadt ist kulturell und architektonisch sehr interessant, zum Teil auch sehr „modern“. Während unseres Besuchs fand das Sziget-Festival statt – die Stadt war voller Leute, überall wurde getrunken und gefeiert und trotzdem war es total entspannt. Auch wir haben uns im Nachtleben in die unzähligen Bars und Clubs in Hinterhöfen treiben lassen und unseren Aufenthalt sehr genossen. Als Fotospots empfehle ich das dem Parlament gegenüberliegende Ufer (Stadtteil Buda), um dieses imposante Gebäude komplett einzufangen – für genau solche Bilder habe ich Locationscout genutzt. Außerdem sehr schön ist der auf dieser Seite der Stadt gelegene Burghügel, von wo man einen tollen Blick auf die Stadt hat. Beide Spots lassen sich wunderbar miteinander verknüpfen – am besten geht ihr auf dem Weg über die Kettenbrücke, denn auch die muss auf der Speicherkarte verewigt werden.

Das größte Parlamentsgebäude Europas macht sich ausgezeichnet aus dieser Perspektive und mit dem warmen Sonnenlicht auf der Fassade.

Ein Bahnhof wie aus dem Bilderbuch - auch für die Street-Fotografie ein toller Ort.

Belgrad:

Eigentlich hatten wir geplant, noch weiter in den Osten zu fahren, aber Stationen wie Minsk oder Moldawien sind einfach zu weit weg, sodass wir uns entschlossen, „nur“ Belgrad als östlichen Schlenker zu machen. Belgrad ist die Hauptstadt von Serbien, dementsprechend nicht mehr in der EU und nochmal deutlich abweichend hinsichtlich Menschen, Architektur und Infrastruktur. Gerade letzteres machte sich bei unserer Anfahrt von Budapest bemerkbar, wir saßen ca. 10 Stunden in einem langsamen Zug bei 35 Grad ohne Klimaanlage. Ständig Grenzkontrollen und außerfahrplanmäßige Stopps – eine Tortur! Trotzdem hat es sich gelohnt, das Belgrad unfassbar interessant und vielseitig war. Die Leute sind sehr sehr nett, die Preise natürlich unschlagbar und die Architektur wirklich sehenswert. Der Einfluss Russlands ist spürbar, das Essen wirklich gut und die Stadt bewegt sich zwischen moderner und westlicher bis hin zu konservativer traditioneller und der europäischen fremden Kultur. Wir hatten nur 2 Tage, ein großer Fehler, da wir nur ein Bruchteil dessen sehen konnten, was diese Stadt eigentlich zu bieten hat. Daher bin ich auch kaum zum Fotografieren gekommen, was ich im Nachhinein sehr bereue, da gerade die Hochhäuser, Hotels und Straßen mit dem präsenten sozialistischen Baustil.


Orthodoxe Kirchen - hier der Dom zur heiligen Sava, eine der größten in Europa.

Kurz vor der Abfahrt habe ich noch dieses Foto nahe des Bahnhofs gemacht. Kein Mensch war zu sehen und doch verbergen sich hinter der Fassade viele Gesichter und Geschichten.

Zagreb:

Die Zeit, die wir in Belgrad zu wenig hatten, war in Zagreb zu viel. Diese Station hätten wir uns eigentlich sparen können, da die Stadt zwar ganz schön, aber nicht so interessant für uns war. Wir haben uns daher die Zeit mit Ausflügen ins Umland bspw. zu Badeseen vertrieben und waren eher abends in den Bars und Restaurants unterwegs.


Bled:


Wer aufgepasst hat, hat gemerkt, dass alle bisherigen Stationen Hauptstädte waren. Doch bevor wir wieder Richtung Norden aufgebrochen sind, haben wir einen dem Sommer würdigen Halt eingelegt - im schönen Slovenien. Die Hauptstadt Ljubljana haben wir daher links liegen gelassen und sind stattdessen nach Bled gefahren. Alleine die Zugfahrt dorthin war ein Traum - die Landschaft ist sehr vielseitig und wunderschön. Bei Bled befindet sich ein großer See, umgeben von teils hohen Bergen. Mitte August war der See angenehm warm und wir haben jeden Tag bei dieser traumhaften Kulisse baden können. Auch die Ausflüge ins Umland zu Schluchten und anderen Seen machen diesen Ort zu einem Ziel, das es verdient, in mehr als nur 4 Tagen bereist zu werden. Auch die Nähe zu Italien und Österreich hat uns veranlasst, hier noch öfters hin fahren zu wollen. Fotografieren kann man besonders am südlichen und östlichen Ufer des Sees - die kleine Insel mit der idyllischen Kirche darf auf euren Bildern nicht fehlen.

Das ist Interrail! Im angenehmen Tempo durch wunderschöne Landschaft, dabei den Kopf aus dem Fenster strecken oder im Abteil ein gutes Buch lesen...

Berge, Wasser und tolles Licht - die ruhige Atmosphäre am See war ein schöner Kontrast zu den doch sehr anstrengenden Städten, die wir zuvor besucht hatten

Der See ist leider etwas touristisch, tagsüber lassen sich unzählige Touristen über den See rudern - Motorboote sind verboten. Abends, wenn die Touristenströme wieder weg sind und die Ruderer Feierabend haben, war die Stimmung am See am schönsten. Bei dieser Kulisse und während des Sonnenuntergangs eine Runde schwimmen? Jeden Tag!

Vintgar-Klamm - eine sehenswerte Schlucht in der Nähe von Bled. Dort fährt auch ein Bus hin, einen ND-Filter sollte man griffbereit haben...


Innsbruck:


Von Bled aus ging es mit der österreichischen Bahn nach Innsbruck - auch diese Strecke war außerhalb der Tunnel wirklich toll. Die Temperaturen wurden allmählich angenehmer und die Kräfte waren trotz der Tage am See relativ am Ende. Also haben wir die Reise gemütlich in Innsbruck austrudeln lassen. Wir haben uns die Altstadt angesehen, Kaffee getrunken und einige Restaurants besucht, durch den Regen war leider nicht viel mehr möglich, es hat uns aber gereicht. Wäre mehr Zeit und die Urlaubskasse nicht schon leer gewesen, dann wären die umliegenden Berge tolle Ziele gewesen, für Wanderungen mit und ohne Kamera.


Da unser Interrail-Pass mit der Fahrt nach Österreich ausgeschöpft war, mussten wir mit dem Fernbus über München nach Heidelberg zurück fahren. Wir haben den angenehmen Zug sehr vermisst - ohne Stau und mit viel Bewegungsfreiheit, ohne Stress und mit viel Zeit, die Landschaften an sich vorbeiziehen zu sehen. Wenn du mit dem Gedanken spielst, mal eine Reise mit dem Zug statt mit dem Auto oder dem Flieger zu machen, dann sei dir eins gesagt: Mach es! Es ist eine ganz andere Art, sich fortzubewegen, man nimmt die Länder und die Menschen viel mehr wahr und bereits der Weg ist das Ziel.


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