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  • AutorenbildBenno

Die Verschlusszeit

Aktualisiert: 9. Feb. 2021

Wie lange müssen wir ein Foto belichten und wieso „korrekt belichtet“ häufig nicht ausreicht.


In diesem Beitrag soll es weniger um Theorie als um Praxis gehen, daher spare ich mir hier große Erklärung, wie der Verschluss technisch funktioniert. Vermutlich bist du nämlich hier, um zu wissen, welche Belichtungszeit du bei welchen Fotos einstellen solltest und nicht, um zu erfahren, wie sich was wo und warum im Inneren deiner Kamera bewegt. Falls doch, dann bitte ich dich, dir diese Infos an anderer Stelle im Internet zu suchen. Denn hier soll es nicht ganz so trocken und theoretisch zugehen…

Die Verschlusszeit wird immer über ein Einstellungs-Rad auf der Kameraschulter verändert, teils ist das Rad beschriftet, teils sehen wir den eingestellten Wert auf dem Display / im Kameramenü.


Was verändert sich durch verschiedene Verschlusszeiten?


Neben der Blende (bestimmter Öffnungsgrad im Objektiv, um Lichtmenge zu steuern, Artikel hier) und dem ISO-Wert (Lichtempfindlichkeit des Sensors, Artikel hier) beeinflussen wir die Belichtung mit der Verschlusszeit. Man nennt diese auch Belichtungszeit, wodurch ziemlich genau klar wird, welche Funktion dieser Wert konkret hat. Wir stellen ein, wie lange das Licht, das wir durch unser Objektiv auf den Sensor leiten, tatsächlich auf den Sensor treffen soll. Je länger der Verschluss offen ist, desto länger trifft das Licht auf den Sensor. Ziemlich easy eigentlich.


Ein gutes Bild entsteht vor allem durch die korrekte Belichtung, d.h. das Foto ist weder zu dunkel noch zu hell. Das erreichen wir, indem wir die ideale Belichtungszeit finden. Diese Belichtungszeit stellen wir manuell ein (im M-Modus der Kamera, auch in der Belichtungs-Automatik – doch dazu später mehr) oder wir lassen das die Kamera automatisch regeln. Wenn wir im M-Modus sind, dann können wir neben dem Grad der Blendenöffnung und dem ISO-Wert also auch die Belichtungszeit einstellen. Genau genommen sind das konkrete Zeitangaben in Sekunden bzw. Bruchteilen einer Sekunde. Wenn ich 1 Sekunde einstelle, dann macht die Kamera durch das Drücken des Auslösers „auf“, sodass Licht auf den Sensor trifft und nach genau 1 Sekunde macht sie wieder „zu“ und fertig ist das Bild. Bei DSLR (= Spiegelreflexkameras) konnte man den Prozess noch schön nachvollziehen, da das „auf“ und „zu“ machen immer mit dem Hoch- und Runterklappen des Spiegels verbunden war – das war deutlich hörbar. Bei spiegellosen Kameras entfällt dieses auditive Feedback, sofern man es nicht künstlich erzeugen lässt. Genug zum „Wie“ – jetzt kommt „Wie lange“:


„Was ist die richtige Belichtungszeit“?


Der Wert unserer Belichtungszeit richtet sich, wie schon gesagt, nach dem verfügbaren Licht. Je weniger Licht es gibt, desto länger muss ich das Licht auf den Sensor lassen, damit mein Bild korrekt belichtet ist und ich etwas erkennen kann. Je heller es draußen ist, desto kürzer muss ich belichten, sonst ist mein Bild überbelichtet und es ist viel zu grell oder sogar komplett weiß. Es gibt also verständlicherweise nicht DIE richtige Belichtungszeit, sondern eine für jede Lichtsituation. Ist es also bspw. dunkel und die Sonne ist schon eine Weile weg, dann belichten wir normalerweise mehrere Sekunden, während wir am helligsten Tag ein Bruchteil einer Sekunde belichten sollten.


Da wir ja aber die Belichtung auch über die Blende und den ISO-Wert beeinflussen, richtet sich entsprechend unsere Belichtungszeit auch nach dem, was wir bei Blende und ISO eingestellt haben. Ist die Blende bspw. sehr weit auf, sodass ganz viel Licht durchkommt, dann benötigen wir keine lange Belichtungszeit, außer es ist stockfinster. Ist die Blende aber bspw. ganz weit zu und das Licht kommt nur durch ein winziges Loch Richtung Sensor, dann müssen wir auch am helligsten Tag ggfs. mehrere Sekunden belichten. Das gleiche betrifft den ISO-Wert, mit dem wir beeinflussen, wie empfindlich der Sensor auf das Licht reagiert. Ist der total hoch eingestellt, dann reicht evtl. trotz geschlossener Blende wieder ein Bruchteil einer Sekunde aus, um ein korrekt belichtetes Bild zu bekommen. Wenn es stockfinster ist und wir die Blende weit zu haben, dann brauchen wir den ISO sogar, um nicht stundenlang belichten zu müssen, um noch ein akzeptables Ergebnis zu bekommen.


Das heißt, dass es auch nicht DIE richtige Belichtungszeit etwa für die Nacht oder den Tag gibt, da diese eben nur eine Komponente der Belichtungssteuerung ist.


Blende und ISO-Wert anpassen!


Trotzdem gibt es natürlich keine Beliebigkeit in den Einstellungen. Ich mache meine Landschaftsbilder nicht am einen Tag mit weit geöffneter Blende und 1/2000 Sekunde Belichtung und am nächsten Tag dann mit geschlossener Blende und 20 Sekunden. Wieso? Weil die Bildqualität durch die Blende beeinflusst wird, sodass dieser Wert wirklich nicht beliebig ist und ich eher die Belichtungszeit an den „Rest“ also Blende und ISO-Wert anpasse. Und auch die Belichtungszeit ist nicht beliebig, zumindest in einigen Situationen. Da stellen wir dann zuerst die Belichtung ein, weil wir da eine ganz bestimmte Zeit brauchen und dann passen wir Blende und ISO-Wert an.


Solche Situationen haben wir, wenn es um Bewegung geht. In erster Linie die Bewegung des Motivs, aber auch meine eigene Bewegung. Denn wenn ich 5 Sekunden belichte, dann kann ich schon mal nicht die Kamera in den Händen halten, denn dann ist alles verwackelt. Bin ich also ohne Stativ unterwegs und kann die Kamera auch nicht anderweitig „sichern“, dann muss ich kurz belichten. Wie lange tatsächlich, hängt davon ab, wie ruhig ich meine Hände halten kann und welches Objektiv ich montiert habe. Je länger die Brennweite (also je näher ich mein Motiv heranhole), desto empfindlicher ist die Angelegenheit für Wackler. In der Regel befinden wir uns bei Standardbrennweiten bei 1/50 Sekunden und kürzer, eine konkrete Formel zum Berechnen der maximalen Belichtungszeit „aus der Hand“ findest du hier.


Viel wichtiger als die Angelegenheit mit der eigenen Bewegung ist aber die Bewegung meines Motivs. Möchte ich bspw. einen Hund fotografieren und nutze eine Belichtungszeit von 5 Sekunden. Dann ist der Hund nach dem Auslösen schön durchs Bild gewandert, hat den Kopf gedreht oder meinetwegen hat er nur geblinzelt. Deine Kamera fängt in den 5 Sekunden alles ein, was sie sieht. Dein Bild zeigt also eine Mischung aus Augen zu und Augen auf, einen durch die Bewegung undefinierbaren Kopf und im schlimmsten Fall ein farbiges undefinierbares Motiv, das sich durch dein ganzes Bild zieht. Vielleicht nicht das typische Beispiel, aber es wird ganz gut sichtbar, dass du bei bewegten Motiven auch nicht unbegrenzt belichten kannst. Im Gegenteil: Bleiben wir beim Hund, dann müssen wir extrem kurz belichten. Wirklich extrem. Unter 1/500 Sekunde, besser sogar unter 1/1000 Sekunde geht eigentlich nichts, um wirklich EINEN Moment einzufrieren. Denke einfach mal daran, wie viel Zeit vergeht, bis dein Hund den Kopf gedreht hat. Genau. Das ist deutlich unter 1 Sekunde und dementsprechend brauchen wir beim Fotografieren bewegter Motive immer eine so kurze Belichtungszeit, um „schneller“ als unser Motiv zu sein.


Im Fall der Hundefotografie kommt also verständlicherweise als Erstes die Belichtungszeit. Erst stelle ich ein, dass ich meine Fotos mit bspw. 1/1000 Sekunde belichten möchte und danach passe ich die Blende und den ISO-Wert so an, damit die Bilder weder zu hell noch zu dunkel sind. Das geht auch in anderen Fällen. Stelle dir vor, du möchtest bewusst nicht einen Moment einfrieren, sondern einen Verlauf darstellen, bspw. ein vorbeifahrendes Auto in der Nacht, sodass am Ende nur die bunten Lichter zu sehen sind, die durch dein ganzes Bild verlaufen. Hier brauche ich dann zwingend eine längere Belichtungszeit, eben so lange, wie das Auto braucht, um durch dein Bild zu fahren. Und wenn wir diese Zeit gefunden haben, dann erst kümmern wir uns um Blende und ISO-Wert.


Und spätestens jetzt merkst du vielleicht auch, weshalb der M-Modus dein Freund ist, wenn du wirklich gute Bilder machen möchtest. Denn im Automatik-Modus kannst du ja gar nicht selbst bestimmen, wie lange belichtet wird. Ein Bild, in dem die Autolichter durch das Foto ziehen ist so gar nicht, oder nur im Glücksfall möglich. Oder der Hund: Woher soll die Kamera wissen, dass du ganz kurze belichten musst, um ihn scharf abgebildet zu bekommen? Im Automatikmodus wird immer nur „korrekt“ belichtet in Abhängigkeit vom Licht und nicht vom Motiv. Wirkliche Gestaltungsfreiheit und Sicherheit für ein gutes Foto hast du also nur, wenn du die Einstellungen selbst festlegst. Und vermutlich hast du nun genug Infos, um mal selbst rauszugehen und zu schauen, welches Motiv welche Belichtungszeit braucht. Oder du schaust mal nach, was sich verändert, wenn du die Blende und den ISO-Wert einstellst und dann mal dasselbe Bild mit verschiedenen Verschlusszeiten machst.


Dieses Bild entstand nachts, im Automatikmodus hätte mir die Kamera eine Belichtungszeit von mehreren Sekunden eingestellt. Wäre nicht ideal gewesen, denn ich hatte erstens kein Stativ und zweitens wäre der "Moment" nicht eingefroren gewesen. Die Gesichter und Bewegungen wären verwischt gewesen.





Hier ein Extremfall:

Fortgeschrittener Sonnenuntergang und dementsprechend wenig Umgebungslicht: Lange belichten oder Blende weit auf? Gleichzeitig aber Landschaftsaufnahme, die Berge waren mehrere hundert Meter entfernt: Blende schließen für mehr Tiefenschärfe? Konflikt: Die Vögel erfordern eine sehr kurze Belichtung. Also musste ein Kompromiss her, der ein gewisses Maß an Tiefenschärfe und trotzdem eine akzeptable Belichtung ermöglicht. Die Vögel sind daher nicht ganz scharf geworden.

Ein klarer Fall von kurzer Belichtungszeit. Die Bewegung konnte nur eingefroren werden, indem meine Verschlusszeit extrem kurz war.










Hilfreich nicht nur für den Anfang: Blenden- und Zeitautomatik-Modus


Hilfreich kann sein, wenn du im Modus „Zeitautomatik“ fotografierst. Bei Nikon ist das der „S-Modus“ – „S“ für „Shutter“. Hier stellst du also deine Verschlusszeit ein und die Kamera übernimmt die Einstellungen für Blende und ISO-Wert automatisch. So erhältst du immer korrekt belichtete Bilder und hast trotzdem Sicherheit, dass die Verschlusszeit für dein Motiv die beste ist.


Auch die „Blendenautomatik“ kann dir helfen, bspw. um zu verstehen, wann welche Belichtungszeiten gebraucht werden (nicht nur vom Licht sondern auch von den anderen Einstellungen beeinflusst!). Die Blendenautomatik heißt bei Nikon „A“ – das steht in dem Fall für „Aperture“. Hier legst du die Blende fest und die Kamera macht den ISO-Wert und die Verschlusszeit automatisch. Wenn du die ISO-Automatik ausstellst, kannst du sehr gut sehen, wann du welche Belichtungszeit brauchst. Die Kamera wird dir immer die ideale Zeit vorgeben.


Sei also nicht enttäuscht, dass ich dir nicht DIE richtige Belichtungszeit genannt habe bzw. nennen konnte. Sondern sei froh, dass Fotografie immer etwas Kreatives ist. Probiere dich aus und gestalte deine Bilder bewusst! Viel Spaß :)

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